Die Piratenpartei, genauer Ihre Kandidaten bei Wahlen zum Landesparteitag 2012 in Schleswig-Holstein nutzen eine sog. Schwertliste bei Kandidaturen. Die Idee ist es, dass sich dort Unterstützer des Kandidaten eintragen, auf die der Kandidat im Falle seiner Wahl zurückgreifen kann.
Es gibt durchaus einige Argumente für dieses Konzept, aber ich möchte hier die Gegenargumente, die auf der “Erklärungsseite” zur Schwertliste zu kurz kommen, eingehen.
Hierbei werde ich bewußt Kriegsbegriffe metaphorisch verwenden, denn der Begriff “Schwertliste” hat für mich eine marzialische Dimension. Ich pflege normalerweise sorgfältiger mit Worten umzugehen.
- Die Schwertliste wird falsch gebraucht / ist grundsätzlich falsch verlinkt
Aus der Beschreibung der Liste: “Eine Schwertliste ist keine Unterstützerliste für eine Kandidatur, sondern für das Amt und Aufgaben, wenn die Kandidatur erfolgreich war.” Was hat also eine Schwertliste bei einer einzelnen Person zu suchen?
- Eine Schwertliste kommt einem “Schattenkabinett” gleich.
Liest man das Who-is-who einer Schwertliste und korreliert man das mit dem Wissen um Pöstchen und Ziele die einzelnen Krieger verfolgen, so kann man manchmal eine Struktur erkennen, die an den “kölschen Klüngel” erinnert – oder aber zumindest die notwendigen Grundlagen schafft. Durch sein Schwert bietet sich der Kämpfer dem Kriegsherren direkt an, in seinem Namen tätig zu werden. Warum sollte dieser also später öffentlich suchen, wenn er bereits Krieger hat? Kompetenz wäre dann also nicht mehr das Entscheidungskriterium, sondern Hörigkeit oder Gehorsam.
- Eine Schwertliste ist marzialisch.
Meine “Waffen” sind die Tastatur, das Wissen, die Sprache und die Logik. Ich lasse mich nicht “zu den Waffen, zu den Schwertern” rufen. Wenn ich schon “kämpfe”, so kämpfe ich mit allen zusammen als Partei, aber nicht als Kommandotruppe innerhalb von Ihr – gegen wen auch? Gegen Extern habe ich durch die Gesamtpartei mehr Einfluß und gegen Intern -wer will das wirklich – wenn man von denen absieht, die ganz offen auf Ihre Clique “stolz” sind?
- Eine Schwertliste gaukelt Transparenz vor
Erscheint es auf den ersten Blick, dass durch das Lesen der Kämpferliste dem Leser Transparenz (referriert in der Schwertliste) offenbart wird, so ist es lediglich eine Teil-Öffentlichkeit die hergestellt wird. Es gleicht der berühmten freiwilligen Selbstverpflichtung nach dem Motto “Und wenn nicht? Dann nicht!”.
Wer sagt denn, dass die Namen alle stimmen; wer belegt denn, dass es nicht noch andere Schattenkrieger gibt, die sich nicht “formal” outen? Dadurch, dass es die Liste gibt, könnten unbedachte Personen Ihr zuviel Vertrauen schenken.
- Eine Schwertliste verfälsch,verschleiert und protegiert.
Der Leser einer Schwertliste kann durch die Summe an Kämpfern, durch den gegenwärtigen Rang des Einzelnen, beeindruckt werden. Das kann dazu führen, dass Einfluß auf den Wähler genommen wird und so Fakten in Ihrer Darstellung verfälscht, relativiert oder verschleiert werden.
Speziell der Rang des unterzeichnendes Kämpfers läßt vermuten, dass der Unterzeichner eine Absicht verfolgt, wenn er speziell diesem Kandidaten sein Schwert anbietet.
- Eine Schwertliste stellt das Vertrauen in die Demokaratie auf eklatante Weise bloß.
Dieses ist mE. das schwerwiegenste Argument. Wenn ich in die Basis, in die Demokratie vertraue, dann hat am Ende der gewählte Kandidat meine Unterstützung. Ergo brauche ich das nicht vorher anzukündigen. Der Umkehrschluß aber ist schlimmer: Was, wenn mein Kandidat nicht gewählt wird, sondern einer, dem ich mein “Schwert” nicht gegeben habe? Bekommt dieser dann nicht meine Unterstützung? Wenn doch, warum dann sein Schwert nur Einem geben? Und als Konsequenz, wenn ich mein Schwert in den Dienst der Partei stelle, so ist die von mir unterschriebene Schwertliste der Mitgliedsantrag. Punkt.
Relativierend, bleibt am Ende zu erwähnen, dass es überall im Leben um Vertrauen geht und das man dem, den man wählt letztenendes auch Vertrauen muss. Das Korrelieren aller Fakten zu einer Person kann immer noch durch das “Bauchgefühl” überstimmt werden. Wir sind Menschen. Wir brauchen immer Einen, der uns sagt, was wir tun sollen. Das ist unser Fehler.