Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
mein Name ist Oliver Grube und ich möchte Euch den Hintergrund für den Antrag XA0001 erläutern!
Vorweg noch der Hinweis, dass Ihr diese Rede auch in meinem Blog unter http://olgr.wordpress.com finden könnt. Den Link habe ich gegen 10:40 Uhr heute auch getwittert.
Es steht außer Frage, dass wir alle viel Arbeit in das bestehende Wahlprogramm und unsere speziellen geliebten Themenfelder gesteckt haben. Ich denke, es ist ebenfalls unumstritten, dass alle diese Dinge wichtig sind.
Es haben viele, viele Piraten daran gearbeitet und arbeiten auch gegenwärtig an diesen Themen.
Aber:
Meiner Beobachtung nach, wollten die Piraten keine Partei wie die anderen sein. Wir wollten die Politik nachhaltig und grundsätzlich ändern.
Und tatsächlich – die Kernfelder der Partei findet man in vielen herkömmlichen Politikfeldern wieder. Ob es nun die Außenpolitik, die Bildungspolitik, die Gesundheitspolitik oder die Wirtschaftspolitik ist.
Doch statt in diesem Bereichen die Kernfelder zu beackern und sich auf diese zu konzentrieren, sind wir dabei in diesen Bereich direkt Politik zu machen.
Wir haben Kompetenzen in vielen Feldern, aber ich befürchte, dass Kompetenz oft auch heißt sich in Details zu verlieren.
Nach meiner Beobachtung laufen wir jetzt Gefahr unseren Anspruch der Mitwirkung, der Bürgerbeteiligung zu verlieren. Wir waren die mit den Fragen, nicht die mit den Antworten!
Wir haben angefangen, uns an das bestehende System anzupassen. Wir erliegen dem gefühlten Druck zu glauben, zu wissen was der Wähler will – und zu glauben uns an diesem Willen ausrichten zu müssen. Wir vertreten unsere eigenen Überzeugungen nicht ausreichend, denn wir scheuen den Konflikt oder die “Missachtung” durch den Wähler und die Medien.
Statt zu überzeugen wollen wir gewählt werden. Die Reihenfolge ist durcheinander geraten. Ich würde es vorziehen gewählt zu werden, weil ich überzeugt habe.
Statt die Antwort auf die Frage nach dem richtigen Schulsystem zu liefern, sollten wir uns eher fragen, ob schon alle Informationen, Statistiken, Analysen hierzu öffentlich sind. Wir sollten uns fragen, wie man die Bürger direkt an der Diskussion und Entscheidung beteiligen kann. Und wir sollten uns zum Beispiel fragen, ob in einer globalisierten Welt ein föderalistisches Schulsystem noch eine Berechtigung hat.
Dadurch dass jetzt jeder seine eigene Agenda verfolgt und unbedingt “Real”-Politik machen möchte, ist das vereinende Element – die Kernfelder der Partei – in den Hintergrund geraten.
Wir fangen an im klein-klein zu denken und zu glauben, dass unsere Kernfelder in der Lokalpolitik nicht so wichtig sind.
Es passiert gegenwärtig unter dem Banner des Kommunalwahlkampfes, denn gerade dort geht der Ideenreichtum und die individuelle Einsatzfreude zu Lasten unserer Kernkompetenzen und der gemeinsamen Ziele.
Wir verrennen uns!
Als Einzelkämpfer (Klein-Gruppen-Kämpfer meinetwegen), werden es nur wenige schaffen etwas nachhaltig zu bewegen. Es ist die Summe der Piraten, der “Schwarm” – wenn man so will -, der uns hat stark werden lassen.
Wir sollten uns deshalb wieder auf das konzentrieren, was uns ALLE eint!
An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass ich eine Ablehnung dieses Antrags keinesfalls persönlich nehme, denn ich bin davon überzeugt, dass diese nicht persönlich gemeint ist.
Die, mit denen ich häufiger spreche, kennen meinen Standpunkt, dass grundsätzlichen Änderungen ein “Mindset”-Change – also eine Änderung von fest eingefahrenen, gefühlt “alternativlosen”, Ansichten – zu grunde liegt. Und dass so etwas viel Zeit braucht. Auch bei den Piraten.
Wir hatten in den letzten Tagen im Mumble einige Diskussionen zu diesem Antrag und ich habe mich gefreut, dass die Diskussionen sehr offen geführt werden.
Ich bin mir völlig klar darüber, dass auf diesem Landesparteitag viele Piraten anwesend sind, die eigene, mühsam erarbeitete, Anträge einbringen wollen und diese Anträge natürlich auch besprochen und verabschiedet wissen wollen.
Sie rechnen gerade in Gedanken die Zeit auf. Sie glauben, sie hätten, wenn dieser Antrag angenommen wird, unendlich viel Zeit verschwendet. Alle Ihre Arbeit, Ihre Diskussionen, Ihr Einsatz war für die Katz – so glauben sie. Sie wissen schon jetzt, dass Sie enttäuscht sein werden und sie wissen schon jetzt, dass sie nicht wissen ob sie weiter machen wollen.
Sie sind frustriert und genervt von Menschen wie mir. Menschen, von denen Sie glauben, sie hätten kein Verständnis für Politik und die aktuellen Notwendigkeiten.
Doch es liegt genau an diesen Piraten, sich zu überlegen, was für Sie wie wichtig ist. Es ist die Frage, ob man erkennt, wenn man sich verrannt hat. Ob man offen genug ist um nach dem Weg zu fragen. Es ist die Frage, ob man über seinen Schatten springt. Es ist die Frage, ob man bereit ist einen “.neustart” wirklich zu wagen.
Und es ist die Frage WARUM Du eigentlich ausgerechnet bei den Piraten gelandet bist?
Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.