Im Wahlkampf hier in Schleswig-Holstein ist zur Zeit ein Thema – zumindest für mich – geradezu omnipräsent: Die Pflege.
Ein Bündnis aus verschiedenen Organisationen hat da eine gute Lobbyarbeit geleistet. Es wurden alle Direktkandidaten angeschrieben, um einen Praxistag in einer Pflegeeinrichtung in der Umgebung zu erleben. Geködert wurde das Ganze mit drei möglichen Podiumsdiskussionen in Neumünster, Bad Oldesloe und Husum.
Um es direkt zu sagen: Ja, das ist Lobbyismus. Und ja, wir Piraten stehen dem Thema äußerst kritisch gegenüber. Aber ja: Ich habe kein Problem damit, auf solchen Veranstaltungen Menschen kennen zu lernen und mein Wissen auszubauen. Und das ganz besonders nicht, wenn es sich um Organisationen und Verbände handelt, die im direkten Dienst für das menschliche Wohlergehen tätig sind.
Ich habe diesen Praxistag mitgemacht. In einem DRK Seniorenwohnheim in Kaltenkirchen. Was ich sah, hat mich tief beeindruckt. Die Dankbarkeit, mit der die Bewohner auf kleine Hilfestellungen reagieren. Der innere Friede, den das Pflegepersonal ausstrahlt – in dem Bewusstsein, etwas vom Herzen Richtiges zu tun.
Doch ich habe auch gesehen, dass sie so liebend gerne noch mehr tun würden. Dass sie sich engagieren und einbringen. Dass sie es schaffen, ihre Sorgen nicht auf die Bewohner zu übertragen. Und diese Sorgen können erdrücken! Der Bereich der Pflege wird längst von Pfennigfuchsern, Controllern und neoliberalen Kapitalisten beeinflusst. Und das auf eine Art, die den Menschen zur Ware, die Arbeit zu abrechenbaren Dienstleistungseinheiten und das Personal zur “Human Ressource” verkommen lässt.
Deshalb freue mich mich darauf, am 27. August im Bürgerhaus, Mühlenstraße 22, 23843 Bad Oldesloe, auch an einer solchen Podiumsdiskussion teilnehmen zu dürfen.
Heute übrigens war eine Veranstaltung der Diakonie in Kiel. Gleiches Thema. Wenn sich nur ansatzweise die Aussagen der anwesenden Politiker in der Politik ihrer Parteien umsetzen würde, hätten wir keinerlei Zukunftsprobleme in der Pflege.
Faktisch ist in den letzten 4 Jahren wenig passiert, um die Situation zu verbessern oder die Strukturen an die Erfordernisse kommender Generationen anzupassen. Schon heute fehlen in Schleswig-Holstein Tausende an Pflegefachkräften und es müssten ca. 1/3 aller Berufsanfänger soziale Berufe ergreifen, um die Situation in den Griff zu bekommen. Aber wer möchte eine Ausbildung in einem Beruf machen, in dem man das letzte Ausbildungsjahr sogar (teilweise) selbst bezahlen muss?
Wie schön sind doch die Angebote der freien Wirtschaft, wo man als Auszubildender ja nach Branche durchaus auch 1000,-€ pro Monat als Ausbildungsvergütung bekommen kann. Zum Beispiel bei Banken – klar, da geht es ja auch um Geld und nicht um Menschen…
Manche Dinge sind sehr simpel. Da braucht es keine großartige geistige Anstrengung, um einen der Gründe für wenig Interesse an Pflegeberufen zu erkennen. Aber es braucht wohl die Bereitschaft zu hinterfragen, ob man nicht die eine oder andere sinnfreie Ausgabe zugunsten der Förderung in diesem Bereich einschränken kann. Ich bin davon überzeugt: Man kann!
Und wenn man dann – neben den vielen dringend notwendigen kleinen Schritten und Korrekturen – die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens mit in die Gleichung aufnimmt – so erkennt man ganz neue Möglichkeiten und Perspektiven – für die Betroffenen, für die Helfenden und für die ganze Gesellschaft.