In der letzten Zeit treffe ich immer häufiger auf eine Gruppe von Menschen, die die Aussage vertreten, dass wir Piraten nicht ernst genommen werden könnten, wenn wir nicht langsam anfangen zu diesem oder jenem Punkt einen Standpunkt zu vertreten. Es wird auch argumentiert, dass uns die Wähler weglaufen würden, da die Leute sich an uns wenden, um von uns Antworten erwarten.
War es in der Vergangenheit so, dass diese Aussage von außerhalb kam, so hat sich die Situation insofern verändert, dass diese Aussage immer deutlicher auch von Mitgliedern der Partei vertreten wird.
“Es genügt nicht keine Meinung zu haben – man muss sie auch vertreten können!”
Dieser Spruch hat tatsächlich eine Wahrheit in sich. Denn plötzlich wird es notwendig zu vertreten, dass wir als Piraten zu einem Thema (noch) keine Meinung haben. Individuelle Meinungen ausgenommen, so ist meines Erachtens Piraten Meinung nur das, was sich aus Basisbeschlüssen ableiten lässt.
Die Weisheit, die unter anderem Tux, der Linux Pinguin, treffend auf den Punkt bringt: “Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten!” wird hierbei übersehen. Es wird angenommen, das Parteien Antworten liefern müssten und die Menschen unabdingbar Führung brauchen. Beides scheint gesellschaftlicher Konsens zu sein, der hinterfragt werden sollte.
Sehr leicht werden wir alle in ein Konstrukt aus Zwängen, Notwendigkeiten und allgemeinen Standards gepresst, welches uns die Art mit einer Fragestellung umzugehen vorschreibt und wenig Raum zu alternativen Ansätzen lässt. Die Entschleunigung des Prozesses der politischen Meinungsbildung ist nötiger denn je.
Ich habe einige Male beobachtet, dass die Vertreter dieser Argumentation eher aus einem Gefühl heraus argumentieren. Denn wenn man die genauen Situationen hinterfragt, so führt die Spur oft ins Leere oder endet bei einem Einzelfall, der nur bedingt als allgemeingültig angeführt werden darf.
Zum Beispiel wurde die Einladung zu einer Podiumsdiskussion angenommen, ohne zu klären, ob es bessere Vertreter der Partei für den vorgesehenen Kontext gibt. Als logische Konsequenz tritt das Gefühl des eigenen Versagens in der exponierten Rolle ein, welches dann auf die Partei projiziert wird und sich im Wunsch nach mehr Meinung äußert.
So entsteht das Gefühl, wir könnten nicht ohne Meinung bleiben. Ein Gefühl, dass ich nicht teilen kann. Ich persönlich habe zu vielen Themen keine eigene Meinung, da ich das Thema für mich nicht erarbeitet habe. Es wird bei einigen Themen auch so bleiben. Es gibt auch Themen, denen mehrere Perspektiven inne wohnen und die durchaus ko-existieren können.
Es ist gut, dass wir unsere Lücken sehen. Es zeugt von Größe zu ihnen zu stehen und es ist ein Deutungsfehler hierin eine Schwäche zu sehen.