Mit der Wahrheit ist das so eine Sache. Wahrheit erkennt man gefühlt leichter, wenn sie von einem selbst keine Änderung der eigenen Grundwerte und eigenen Ansichten verlangt. Diese entwickeln sich im Laufe unseres Lebens immer weiter. Sie festigen sich zwangsläufig, je mehr Erfahrung man sammelt. Deshalb beobachten wir auch, dass sich mit zunehmender Erfahrung häufig eine Art Starrsinn in den eigenen Ansichten einstellt.
Manchmal ist das auch (gefühlt) durchaus begründet. Oft hat man einiges, auf das man stolz sein kann… eine tolle berufliche – oder besser noch (wir sind in Deutschland!) – akademische Karriere. Einen Doktortitel, eine Professur oder ein erfolgreiches Unternehmen. Man verkehrt in den entsprechenden Kreisen. Man mehrt seinen Besitz und achtet darauf, dass er verteidigt ist. Kinder, Freunde und Angestellte hören auf den eigenen Rat. Niemand zweifelt, niemand hinterfragt, niemand stellt in Frage.
Aus dieser Summe an Lebenserfahrung entsteht ein Statusdenken, welches darauf ausgerichtet ist, alles offensiv zu bekämpfen, was eine Bedrohung für die eigene heile Welt darstellen könnte. Und, um es direkt an dieser Stelle zu sagen – eine Bedrohung ist immer alles, was nicht kalkulierbar ist. Besonders also auch alles Neue. Fatalerweise entwickelt sich parallel eine Überschätzung der eigenen Ansichten und eine Überzeugung, die keine Alternativen mehr zulässt.
Meiner Meinung nach ist das die Essenz, die in den leitenden Köpfen derer steckt, die sich selbst als Alternative verkaufen und doch eigentlich nur die Wahrung der eigenen Besitzstände im Kopf haben. Ob sie wohl bereit sind, den Mut aufzubringen, sich dieser Wahrheit zu stellen?